Bauplastik

Bauplastik
Bau|plas|tik 〈f. 20
I 〈unz.〉 die im Zusammenhang mit einem Bauwerk stehende Plastik
II 〈zählb.〉 die ein Bauwerk schmückende Plastik

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Bauplastik,
 
der im Zusammenhang mit einem Bauwerk geschaffene v. a. figürliche Schmuck, sowohl für den Außenbau als auch für den Innenraum. Die Bauplastik zeigt weit über das Dekorative hinaus Sinn und Zweck des Bauwerks und seiner Teile; sie erscheint auch als tragendes Glied, im Giebelfeld, an Portal, Wand und Nische.
 
Im alten Ägypten waren es v. a. Flachreliefs, die, aus Granit oder Sandstein, in Innenräumen meist aus Stuck, Tempelwände, Grabkammern, Obelisken und Felswände bedeckten. Im Alten Orient lassen sich zwei Typen der Bauplastik unterscheiden: Götter- und Symbolfiguren aus vorgeformten Ziegeln an Tempelwänden (Uruk, um 1450 v. Chr., Susa, 12. Jahrhundert v. Chr.) sowie Unheil abwehrende Figuren (Löwe, Sphinx, Lamassu, Schedu), die den Eingangsbereich von Tempeln und Palästen bewachten (ihre monumentalste Ausprägung fanden diese in den Torlaibungsstieren assyrischer Paläste, so in Kalach und Dur-Scharrukin, 9./8. Jahrhundert v. Chr.). Die Motive traten später auf flachen Reliefs aus glasierten Ziegeln (Baukeramik) an Bauten in Babylon (6. Jahrhundert) und Susa (5. Jahrhundert) wieder auf, wo das Motiv des Würdenträgers hinzukam (dann auf Steinreliefs, besonders in Persepolis). Die Bauplastik der griechischen Tempel fügt sich in straffer Ordnung dem architektonischen System der Metopen- und Giebelfelder ein, v. a. an den spätarchaischen und klassischen Tempeln (Ägina, Olympia, Akropolis von Athen, Bassai); auch aufwendige Grabbauten (Xanthos, Halikarnassos) und Altäre (Pergamon) zeigen bauplastischen Schmuck (Reliefs). Etruskische Tempel waren zum Teil mit großen Tonplastiken auf dem Dach ausgestattet. In römische Zeit gehörte die Bauplastik v. a. zum Schmuck von Triumphbögen und -säulen; auch die zahlreichen Statuen in den mehrstöckigen Fassaden von Nymphäen, Theatern u. ä. sind der Bauplastik im weitesten Sinne zuzurechnen.
 
In der Romanik gewann die Bauplastik wieder an Bedeutung, zuerst in Mittel- und Südfrankreich, wo sie sich am Außenbau reich entfaltete, in Deutschland dann besonders in Innenräumen. In der Gotik kam der Bauplastik mit der bildhaften Darstellung theologischer Inhalte eine zentrale Funktion zu. Mit dem Bilderverbot der Reformation verlor sie im sakralen Bereich ihre Aufgabe. - In Renaissance und Barock bot sich der Bauplastik eine Hauptaufgabe in der Gestaltung von Fassaden und Innenräumen der Schlösser und Paläste. Im Historismus des 19. Jahrhunderts erlebte die Bauplastik eine Wiederaufnahme, im 20. Jahrhundert tritt sie hinter anderen Dekorationsformen zurück.
 
In China und Indien entwickelte sich die Bauplastik am Zaun des Stupa (Relief) und v. a. in Zusammenhang mit den Höhlentempeln; sie wurde dort als Hochrelief oder vollplastisch aus dem Fels herausgemeißelt und bedeckt Wände und Fassade, ergänzt von frei stehenden Skulpturen vor dem Eingang. In Südindien und Kambodscha (Khmerkunst) wurde besonders der Torturm (Gopuram) der hinduistischen Tempelanlage als Bauplastik behandelt. Auch in Altamerika spielte steinerne Bauplastik eine bedeutende Rolle, v. a. in Form von Reliefs an Pyramidensockeln u. a. Bauteilen, z. B. in Teotihuacán, bei den Maya und in Tiahuanaco.
 
 
U. Boeck: Plastik am Bau (1961);
 U. Lammert: Architektur u. Plastik (1962);
 F. u. H. Möbius: Bauornament im MA. (Wien 21978).

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Bau|plas|tik, die (Archit., Kunstwiss.): für einen Bau geschaffene, an diesem fest angebrachte figürliche Plastik (meist aus Stein); Architekturplastik.

Universal-Lexikon. 2012.

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